I. Baugeschichte
Im Zuge von Missionierungsversuche im slawischen Karantanien (Kärnten, Steiermark) wurde 757 von Salzburg aus u.a. die Kirche „ad Undrimas“ geweiht. Diese älteste bekannte Kirche der Steiermark stand nach jetzigem Forschungsstand am Pölshals. Sie wurde jedoch um 770 bei Slawenaufständen zerstört und nicht mehr aufgebaut.
Im Bereich der heutigen Pfarrkirche dürfte 860 bereits ein Gotteshaus bestanden haben. In diesem Jahr schenkte König Ludwig der Deutsche dem Erzbischof von Salzburg zahlreiche Königshöfe in Karantanien und Pannonien, darunter einen in Pöls. Zu einem solchen Königshof gehörte in der Regel – neben Schmiede, Taverne und Mühle - auch bereits eine Eigenkirche. In der Folge entwickelte sich Pöls zu einer großen Ursprungspfarre, die das Pölstal bis St. Johann am Tauern, das Murtal von St. Georgen ob Judenburg bis Teufenbach sowie Schönberg und Oberwölz umfasste.
Mit dem Bau der heutigen Pölser Pfarrkirche wurde vor 1147 begonnen. In dieses Jahr fällt die erste urkundliche Erwähnung eines Pfarrers in Pöls, und wo ein Pfarrer war, muss es auch eine Kirche gegeben haben. Insofern ist auch die im Kircheninneren angebrachte Aufschrift „erbaut 1147“ gerechtfertigt.
Das Gotteshaus wurde als dreischiffige, romanische Pfeilerbasilika angelegt, ausgestattet mit zeittypischen Bauele¬menten wie einer flachen Holzdecke über dem Kirchenschiff, rundbogigen Trichterfenstern und einem romanischen Portal. Im Osten schlossen drei halbrunde Apsiden direkt am Vierungsturm den Bau ab.
Bei der gotischen Umgestaltung im 14. Jahrhundert wurde die Kirche nach Osten um einen Langchor samt Kreuzrippengewölbe, gotischen Fenstern und 5/8-Ab¬schluss erweitert; südlich des Langchores entstand eine Anna-Kapelle (heute Sakristei).
Im Zuge spätgotischer Umbauten wurde um 1450 die flache roma¬nische Balken¬decke im Lang¬haus durch ein gotisches Stern¬rippengewölbe ersetzt. Die Seitenschiffe erhielten Kreuzrippenge¬wölbe. Nördlich des Presbyteriums wurde die alte Sakristei angebaut. Die Fenster der Glockenstuben wurden neu gestaltet und mit Maßwerk versehen.
Nach dem Türkeneinfall im August 1480, bei dem die Pölser Kirche angezündet und das Innere schwer verwüstet wurde, erfolgte der Umbau des Gotteshauses zu einer Wehrkirche. Die Umfassungsmauern der Kirche wurden erhöht und alle drei Schiffe mit einem einzigen Satteldach überdeckt. Hinter der erhöhten Mauer über den Seitenschiffen verlief ein bewehrter Gang mit Schießscharten.
Um 1520 wurden die drei Westemporen eingebaut. Die Holzbrüstung an den Emporen stammt hingegen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. 1620/21 erhielt die Kirche ein neues Kirchen¬gestühl, das bis 1971 in Gebrauch war; die Seitenaufsätze werden bis heute verwendet. Die 1675 verlegten Steinplatten dienen im wesentlichen noch heute als Fußboden. Im Zuge der barocken Umgestaltung des Innenraumes wurden 1735 die Seitenschiffe um zwei kleine Kapellen erweitert.
Anlässlich einer Außenrenovierung wurde zwischen 1891 und 1893 das ursprüngliche Erscheinungsbild der Pölser Pfarrkirche wieder hergestellt. Aus einer Wehrkirche wurde wieder eine – auch von außen als solche erkennbare – romanisch-gotische Basilika.
II. Ausstattung der Kirche
Die ältesten erhaltenen Kunstgegenstände der Pfarrkirche stammen aus der Spätgotik: die beiden Assistenzfiguren Johannes Evangelist und Johannes Baptist (vor 1480) links und rechts über dem Volksaltar. Die Gnadenstatue Maria mit Kind (1520) am Hochaltar weist bereits Renaissancezüge auf. Das große Lettnerkreuz über dem Volksaltar wurde 1521 vom Maler Caspar aus Friesach geschaffen. Eine weitere Plastik aus der Kirche, die „Pölser Madonna“ (um 1480), wird im Jo-anneum in Graz aufbewahrt.
Dem Zeitgeschmack entsprechend begann man ab 1730 den Innenraum der Kirche neu zu arrangieren. Die barocke Umgestaltung der Pfarrkirche geht fast ausschließlich auf das Konto des Judenburger Bildhauers Balthasar Prandstätter und seiner Werkstatt: Zwischen 1730 und 1735 wurden der Hochaltar und die vier Seitenaltäre (Maria Zuflucht der Sünder, Dreifaltigkeit, Vierzehn Nothelfer, Nepomuk) errichtet, 1741 folgten die Kanzel und ca. 1743 die Pfeilerfiguren (die Heiligen Vinzenz, Thekla, Notburga, Isidor, Donatus und Johannes) an den Langhauspfeilern.
Um 1730 dürften auch die Barock-Bilder der Pfarrkirche angeschafft worden sein: Pestvotivbild (Nordseite des Presbyteriums), Hl. Leonhard (unter der Musikchorbrüstung), Hl. Franz de Paula (unter der Musikchorbrüstung).
1756 entstand schließlich die Orgel, von der heute nur mehr das Pfeifengehäuse (Prospekt) erhalten ist. 1771 wurde noch ein im Stil des Rokoko gehaltener Tabernakel angekauft.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde der mit Ausstattungsgegenständen überladene Innenraum „entrümpelt“; seither kommt der ursprüngliche romanische Raumeindruck wieder besser zur Geltung. Seit dieser Zeit steht in der Pölser Kirche auch ein Volksaltar.
Im Jahre 1997 erfolgte die Orgelrenovierung und die Aufstellung eines neuen Volksaltars von Gustav Troger.
III. Karner und Friedhof
Der romanische Karner im Kirchhof stammt aus dem 12. Jahrhundert. Im Obergeschoß befand sich eine dem hl. Michael geweihte Messkapelle. Das Untergeschoß diente ursprünglich zur Aufbewahrung der am Friedhof eingesammelten Gebeine; es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Aufbahrungskammer umgestaltet. Der Friedhof war bis 1930 rund um die Kirche angelegt.
IV. Lichtsäule
Bei der steinernen Säule neben dem Karner handelt es sich um eine spätmittelalterliche Lichtsäule, auf der zu bestimmten Anlässen ein Totenlicht entzündet wurde.
Mag. Meinhard Brunner ....nach oben...
Kontakt: Seelsorgeraum Pölsental: Pfarramt 8761 Pöls, Hauptplatz 1
Tel:03579/8313 e-mail:are-poels-xya34[at]ddks-graz-seckau.at